Die Angst vor der weißen Leinwand
Jede kreativschaffende Person kennt sie: Die „Angst vor der weißen Leinwand“. Aber schafft man es, sie zu überwinden?
Jede kreativschaffende Person kennt sie: Die „Angst vor der weißen Leinwand“. Aber schafft man es, sie zu überwinden?
Bestimmt kennst du das: Du hast eine neue Idee, bist Feuer und Flamme dafür, legst ein neues Dokument an und machst es dir gemütlich. Der Geruch von dem frischen Kaffee, der direkt neben der Tastatur steht, zieht in deine Nase, beflügelt deine Motivation und du willst starten. Go! Aber – irgendwie kannst du nicht. Irgendetwas in dir blockiert. Du starrst auf die weiße Fläche, fühlst dich von der gähnenden Leere fast schon verhöhnt, schaffst den Anfang aber einfach nicht.
Die „Angst vor dem weißen Blatt“ oder auch der „weißen Leinwand“ ist etwas, das wohl jede*r Kreativschaffende kennt und schon mal erlebt hat. Woher die kommt und wie man sie überwinden kann? Das versuche ich zu erläutern.
Dein Anspruch an die eigene Arbeit ist etwas, das nicht nur hierbei, sondern auch bei so manch anderem Problem im Alltag die Quelle alles Bösen ist. Überzogene und unrealistische Ansprüche an das eigene Schaffen sorgen häufig dafür, dass Kreativschaffende aller Welt in ihrer Arbeit blockiert sind. Führ dir vor Augen, dass es keinen Perfektionismus gibt – kein App-Interface, keine Website, kein Text oder auch kein Gemälde dieser Welt ist perfekt. Überall gibt es Dinge, die verbessert werden könnten. Und das ist auch gut so, denn so bleibt immer Raum für Verbesserung!
Eine Art, mit der Angst vor dem weißen Blatt umzugehen, ist so einfach wie effektiv: Genieß den Prozess! Und wenn du ihn nicht genießen kannst, dann konzentrier dich zumindest auf ihn. Denk gar nicht an das Resultat, das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht perfekt sein wird, sondern einfach nur darauf, Stück für Stück voranzukommen und dabei Spaß zu haben.
Ich kann da aus eigener Erfahrung berichten: Viel zu häufig sitze ich vor einem leeren Figma-Frame, der nur darauf wartet, dass ich ihr Leben einhauche und sie mit Rechtecken, Ellipsen und vielem anderen fülle. Dann aber komm ich ins Grübeln: Was genau will ich erreichen? Welche Sprache soll das Design sprechen? Welche Typo soll ich benutzen? Und dann kommen Gedanken über Gedanken, Zweifel über Zweifel und unzählige Optionen tun sich auf – das kann ich niemals mit dem ersten Entwurf schaffen! Wenn ich aber stattdessen iterativ arbeite und einfach mal, so stumpf es klingt, anfange und schaue, was dabei herauskommt, habe ich später eine Arbeitsgrundlage, an der ich anknüpfen kann und die ich verbessern kann. Und komme so zu einem Ergebnis. Klar, das Ergebnis ist immer noch nicht perfekt, aber perfekter als eine leere Zeichenfläche ist es allemal.
Auch das klingt wunderbar einfach, ist dabei aber so wahnsinnig effektiv. Wenn du merkst, dass du gerade total verkopft bist und gerade keinen Zugang zu dem Projekt bekommst, einfach nicht starten kannst, weil du gehemmt bist – dann leg einfach mal eine Pause ein! Klapp deinen Mac zu, zieh dir ein gemütliches Paar Schuhe an und geh einfach mal spazieren. Pack dir vielleicht schöne Musik oder einen Podcast deiner Wahl auf die Ohren und genieß die frische Luft. Willst du nicht? Dann setz dich aufs Sofa und schnapp dir ein gutes Buch oder ein schönes Magazin, ich persönliche nehme hier immer sehr gern die PAGE oder das Grafikmagazin. Ich merke Blockaden übrigens häufig erst daran, dass ich frustriert werde. Eine Pause einzulegen, wirkt hierbei Wunder.
Es geht einfach nur darum, dass du deine Gedanken mal auf etwas anderes konzentrierst und dich irgendwie inspirieren lässt. Inspiration bedeutet für jede*n Kreative*n etwas anderes, die Quellen der Inspiration sind ebenso vielseitig wie die Arbeiten von Designer*innen. Sei nicht zu verkopft und wenn du es bist – mach ne Pause!
Pessimismus ist nie gut und hilft dir eigentlich nie weiter. Und glaub mir, ich sprech da aus Erfahrung (🥲). Aber vielleicht, nur ganz vielleicht, kannst du pessimistische Gedanken in unserem Szenario des weißen Blattes für dich nutzen. Wenn du von vornherein schon weißt, dass dein Ergebnis nicht perfekt sein wird oder du eh scheitern wirst – warum dann nicht einfach mal anfangen und es dir beweisen? Du hast nichts zu verlieren.
Der Worst Case: Du hast genau so verkackt, wie du es vermutet hast. Der viel wahrscheinlichere Fall aber ist: Du hast etwas kreiert, das vielleicht noch nicht perfekt ist, das dich aber auf andere Ideen bringt. Und eine Grundlage für Verbesserungen hast du auch noch! Plötzlich bist du nicht mehr das verzweifelte Häufchen Elend, das verzweifelt vor seiner weißen Zeichenfläche sitzt, sondern steckst mittendrin im iterativen Designprozess. Du hast eine Diskussionsgrundlage geschaffen, die du nun mit deinem Team, deinen Auftraggebenden oder auch einfach mit dir selbst besprechen und diskutieren kannst.
Bringt alles nichts? Dann schraub deine Erwartungen dahingehend runter, dass du gar nichts wirklich Produktives machen musst. Versuche gar nicht erst, zu einem wirklichen Projekt-Resultat zu kommen, sondern nutz die Gelegenheit und experimentiere! Versuch dich an neuen Techniken und Arbeitsmethoden, die du vielleicht mal bei anderen gesehen hast oder von denen du gelesen hast und lern dazu – ohne den Anspruch zu haben, dass da etwas für dich Brauchbares bei rauskommt. Und wer weiß, vielleicht bekommst du gerade dabei die goldene Idee. ✨