Warum Feedback im Design-Prozess so wichtig ist

Egal, wie groß das Team ist: Feedback spielt immer eine große Rolle im Design-Prozess. Aber warum ist das so?

Ich als Freelancer arbeite meist allein an Projekten. Bedeutet das, dass ich immer die richtige Lösung parat habe – am besten sofort? Leider nicht. Was mir als Freelancer in meiner Projektarbeit immer hilft und auch in größeren Design-Teams immer ein treibender Faktor ist, ist: Feedback. Aber warum ist Feedback ein so wichtiger Teil des Design-Prozesses?

Man kann nur in seinen eigenen Kopf gucken.

Fangen wir mal damit an, dass man selbst immer Herr (oder Frau) seiner eigenen Gedanken ist. Ich selbst weiß, was in meinem eigenen Kopf vor sich geht (was nicht heißt, dass ich es immer verstehe), aber kann nicht in die Köpfe anderer Menschen gucken. Welche Probleme beschäftigen sie gerade? Woran denken sie gerade? Was denken sie über die ausgewählten Farben oder Schriften? Alles Fragen, die weder ich noch irgendjemand anderes beantworten kann.

Ich kann Design-Konzepte entwickeln, die für mich absolut Sinn ergeben. Kann Farben und Schriften auswählen, die meiner Meinung nach absolut ins Konzept passen und das untermauern, was das Design aussagen soll. Was ich aber nicht steuern kann, ist: Wie denken andere darüber?

Klar, nicht immer sollte man viel Wert darauf legen, was andere sagen – im Design aber ist das ein bisschen anders. Wenn ich ein Konzept entwickle und die Farbe Rot sowie die Schrift „Comic Sans MS“ für das Konzept vorsehe, weil ich das absolut treffend finde, die Zielgruppe aber findet die Auswahl oder auch nur die Kombination zusammen absolut unpassend und fühlt sich überhaupt nicht davon angesprochen, bringt mir die beste Begründung nichts – im Zielgruppen-Test ist das Design durchgefallen.

Blinde Flecken oder Denkfehler werden direkt aufgeklärt.

Nehmen wir mal, ich arbeite an einem mehrmonatigen Website-Konzept für ein Startup, das gerade neu gegründet wurde. Ich wurde als externer Dienstleister mit ins Boot geholt und bringe die Expertise mit, die sich das Startup für das Design dieser Website wünscht. Top!

Wenn ich jetzt zwei Monate an dem sehr umfangreichen Design arbeite, ohne mir die Meinung des Startups einzuholen – schließlich bin ich ja der Designer des Projekts, dafür werde ich bezahlt –, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass am Ende ein Design dabei rauskommt, das vielleicht nett aussieht – für das Startup aber gar nicht funktioniert. Wie kann das sein?

Blinde Flecken. Jede*r hat im Denkprozess mal blinde Flecken. Übrigens nicht nur im Design-Prozess, sondern auch im Alltag. Dinge, an die man einfach noch nicht gedacht hat. Dinge, die vielleicht vorerst ausgeblendet wurden, dann aber, im Laufe der Zeit, vergessen wurden. Zusammenhänge, die nicht klar waren. Prozesse, die einem nicht bekannt waren. Die Liste ist endlos. Feedback-Meetings mit dem Startup können direkt dafür sorgen, dass blinde Flecken in meinem Denken direkt aufgeklärt werden. Die Gedanken, auf deren Grundlage das Design konzipiert wird, werden erweitert, ergeben vielleicht sogar ein neues Bild, ein größeres Bild. Das Entdecken und Aufklären blinder Flecken hilft enorm dabei, ein Design zu entwickeln, das am Ende für das Startup funktioniert.

Denkfehler. Egal, wie intelligent eine Person ist: Denkfehler hat jede*r mal. Das ist auch nichts, wofür man sich schämen muss. Das kann eine falsche Folgerung sein, auf der man ein Konzept erarbeitet, ein Missverständnis in der Kommunikation oder einfach fehlendes Wissen über ein Detail. Wenn ich jetzt monatelang an einem Design arbeite, das auf einem Denkfehler basiert, kann das fatal enden. Die Deadline rückt näher, die Website wird umgesetzt – und plötzlich wird klar, dass das gesamte Design auf einer falschen Annahme basiert. Feedback kann hier direkt helfen, Denkfehler zu entdecken und aufzuklären. Und das ist gut so – kein Grund, sich als Dienstleister, Person oder Schüler*in schlecht zu fühlen. Denkfehler gehören dazu.

Designer werden nicht gebucht, weil sie allwissend sind oder immer die richtige Lösung haben; schön wärs. Design ist Problemlösung und Probleme lösen sich mit mehreren Gehirnen, Sicht- und Denkweisen und Augen meist besser. Designer*innen sind in der Lage, kreative Lösungen auszuarbeiten – das Feedback der Kund*innen in diesem Prozess ist aber immens wichtig.

Okay, verstanden: Feedback ist wichtig. Zeitpunkt und Art sind aber auch entscheidend!

Gut, den ersten Punkt haben wir: Feedback ist wichtig. Aber nicht nur das Feedback selbst ist wichtig, sondern auch, wann und wie es gegeben wird.

Design besteht meist aus verschiedenen, nacheinander ablaufenden Prozessen, folgt manchmal sogar gar keinen klaren Linie. Design ist kreative Problemlösung. Das bedeutet auch, dass verschiedene Lösungsansätze evaluiert werden. Da kann auch der völlig falsche Ansatz bei sein, der vielleicht gar nicht funktioniert – probiert man sich aber an diesem, stellt man vielleicht genau das fest: Das funktioniert nicht. Aber auch wenn man in diesem Lösungsansatz nicht die eine Lösung gefunden hat, hat man vielleicht ein Element drin, das die entscheidende Inspiration für den genau richtigen Ansatz ist. Und plötzlich kommt ein Stein ins Rollen.

Bricht man direkt zu Beginn ab – „Das ist falsch, das ist nicht der richtige Ansatz“ –, nimmt man sich so die Möglichkeit, wichtige Learnings daraus zu ziehen. Feedback ist immer wichtig, keine Frage. Das beste Feedback aber kommt zur richtigen Zeit. Es setzt keine Blockade, sondern lichtet gebildeten Nebel auf – der Weg wird klarer. Gutes Feedback wird dann gegeben, wenn es gefragt ist.

Neben dem Zeitpunkt spielt auch die Art des Feedbacks eine entscheidende Rolle. Konstruktiv sollte es sein, aber darüber hinaus noch möglichst präzise. „Der Aufbau der Hero-Section gefällt mir nicht“ ist schon präziser als ein einfaches „Das mag ich nicht“. Noch präziser wäre aber: „Die Balance zwischen Bild und Text in der Hero-Section gefällt mir nicht, die Hierarchie wird nicht klar“. Aber keine Sorge: Als Kunde bist du (in den meisten Fällen) kein Designer, es erwartet also niemand ein Feedback mit Fachbegriffen oder das zu sehr ins Detail geht. Es hilft aber enorm, wenn man konkretes Feedback erhält, bei dem man weiß, was genau stört. Gefällt das Design nicht, weil die Farben falsch gewählt sind, weil die Schriftart zu seriös oder verspielt ist, weil das Bild zu groß ist, …? Ist das Feedback möglichst konkret, versteht man als Designer*in besser, welche Punkte man noch anzupacken hat.

Wichtig ist, was die Zielgruppe denkt.

Zu guter letzt noch ein Punkt, den ich immer besonders spannend finde. Als Designer*in erhält man von seinen Kund*innen meist ein ausführliches Briefing, das alles wichtige beinhaltet. Dazu zählt auch, wer die Marke ist und was die Marke ausmacht. Im späteren Prozess dann diskutiert man die Design-Ergebnisse – und häufig fließen persönliche Präferenzen ein. „Die Farbe gefällt mir persönlich nicht“, „Den Aufbau finde ich zu langweilig“ oder „Das Muster sieht so langweilig aus“ sind Sätze, die hier fallen können. Aber: Wichtig ist nicht, was Designer*in oder Gründer*in denkt, sondern: Was denkt die Zielgruppe?

Die Zielgruppe ist letztendlich diejenige, die das Design nutzen und mit ihm interagieren wird. Ihre Meinungen und Vorlieben sollten daher immer berücksichtigt werden und oberste Priorität sein. Denn: Nur wenn das Design ihre Bedürfnisse erfüllt und Wünsche anspricht, ist es erfolgreich.

Indem man die Zielgruppe aktiv einbezieht, kann man sicherstellen, dass das Design ihre Erwartungen erfüllt und ihre gewünschte Botschaft vermittelt. Das setzt voraus, dass man sich seiner genauen Zielgruppe möglichst bewusst ist und genau weiß, wer angesprochen werden soll.

Ist man sich der Zielgruppe bewusst, kann man versuchen, ein Design aus ihrer Sicht zu betrachten. Das setzt neben Zielgruppekenntnis auch ein wenig Empathie voraus. Will man es aber ganz genau wissen, holt man sich Feedback aus genau der Zielgruppe.

Feedback vom Wunschklientel direkt ist viel effektiver als Feedback von Freunden und Familie, die vielleicht gar nicht in die Zielgruppe fallen und sich im Worst Case nicht einmal trauen, ihre ehrliche Meinung zu äußern. Im Idealfall schaffst du es, dir Feedback von Menschen aus genau deiner Zielgruppe einzuholen. Wenn das Design bei der Zielgruppe positiv ankommt und ihre Erwartungen erfüllt, kann dies zu einer höheren Akzeptanz, Kundenzufriedenheit und letztendlich zu mehr Erfolg für die Marke führen.

Fassen wir also zusammen: Warum ist Feedback so wichtig?

Feedback ist wichtig, weil es blinde Flecken im Denkprozess aufdeckt, Denkfehler auflöst, eine weitere Meinung zum Design einbringt und dafür sorgt, dass das Design diskutiert wird. Nur durch ehrlichen Diskurs finden wir heraus, ob eine Gestaltungsrichtung funktioniert oder aber in eine falsche Richtung verläuft. Dabei ist wichtig, dass das Feedback ehrlich und konstruktiv verläuft. Jeder Partei sollte in diesem Prozess immer bewusst sein, dass Fehler gemacht werden und das zum Designprozess dazugehört. Und möchte man weitere Parteien für Feedback mit ins Boot holen, befragt man am besten direkt die Zielgruppe – denn die ist es, um die das geht und die das Design am Ende ansprechen soll.

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